
BIS empört: Verfassungsbeschwerde gegen den Planfeststellungsbeschluss zum Ausbau des Frankfurter Flughafens nicht angenommen –Verfassungsgericht verlangt Unmögliches.
Die Bürgerinitiative Sachsenhausen hat mit heftiger Empörung und völligem Unverständnis auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts reagiert, dass die Verfassungsbeschwerde der BIS-Mitglieder Herrlein nicht zur Entscheidung angenommen wurde. „ Wir sind empört und wütend, dass nunmehr wieder die Luftverkehrswirtschaft und die Flughafenbetreiber gewonnen haben und haben kein Verständnis dafür, dass das Bundesverfassungsgericht die berechtigten Einwände und vorgetragenen Argumente zum Gesundheitsschutz nicht ausreichend gewürdigt hat. Hier geschieht den lärmgeplagten Anwohnern unter Anwendung des derzeitigen Rechts massives Unrecht“, so Ursula Fechter, Sprecherin der Bürgerinitiative Sachsenhausen BIS.
Mit diesem Beschluss, der den Eheleuten Herrlein Ende letzter Woche zugegangen ist, hat das Bundesverfassungsgericht ihre Verfassungsbeschwerde vom September 2012, die von der Bürgerinitiative Sachsenhausen finanziell unterstützt wurde, nicht zur Entscheidung angenommen. Nach ihrer Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss waren die Eheleute Herrlein durch alle rechtlichen Instanzen gegangen und hatten nach dem ablehnenden Urteil des Bundesverwaltungsgerichts Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Diese hatten sie mit der Verletzung ihrer Grundrechte hinsichtlich des Rechts auf Eigentum, des Rechts auf rechtliches Gehör und des Rechts auf körperliche Unversehrtheit gem. Art. 2 Grundgesetz begründet.
„Der ablehnende Beschluss reiht sich ein in eine lange Liste von Urteilen zu den Verfassungsbeschwerden hinsichtlich des Lärmschutzes im Flughafenbereich bzw. gegen das Fluglärmschutzgesetz, die alle nicht zur Entscheidung angenommen wurden“, so Fechter weiter. Der Verfassungsrechtler Christofer Lenz bezeichnet in einem Aufsatz die Rechtsprechung des BVerfG bei der verfassungsrechtlichen Kontrolle von Flughafenplanungsentscheidungen als „außerordentlich zurückhaltend“ und führt weiter aus: „ Die Maßstäbe sowohl im Bereich des Eigentums- wie auch des Gesundheitsschutzes sind (von BVerfG) so formuliert und gehandhabt worden, dass ein durchgreifender Erfolg für die Angreiferseite zwar nicht unmöglich aber ausgesprochen unwahrscheinlich ist“.
Durch den neuen Beschluss wird die Lage darüber hinaus verschlimmert. Mit dem Beschluss werden die Anforderungen erhöht, die an die erfolgreiche Vorlage einer Verfassungsbeschwerde im Zusammenhang mit Fluglärmfragen gestellt werden. So fordert das Bundesverfassungsgericht als Nachweis beim Schutz zur Nachtzeit eigene Lärmmessungen des am Ohr des Schläfers ankommenden Lärms nach Umsetzung von passiven Schallschutzmaßnahmen. Dieser Nachweis ist innerhalb einer 1-monatigen Klagefrist vollständig zu erbringen.
„Es ist eine schiere Unmöglichkeit für die Beschwerdeführer“, entrüstet sich Adolf Herrlein, „innerhalb der vorgegebenen Frist einem Monat nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes dem Verfassungsgericht äquivalente Dauerschallpegel für die Innenräume nach Durchführung von passiven Schallschutzmaßnahmen vorzulegen, wie das Gericht es fordert und dann noch nachzuweisen, dass der innen ankommende Fluglärm gesundheitsschädlich ist. Hier baut das Verfassungsgericht mit seiner Entscheidung Hürden auf, deren Überwindung für die Betroffenen sowohl technisch als auch finanziell zur Unmöglichkeit wird“.
Darüber hinaus ist das Gericht auf die ausführlichen Einwendungen der Verfassungsbeschwerde gegen diese unzumutbare Monatsfrist nicht mal eingegangen. Dies steht im krassen Missverhältnis, denn die hessische Landesregierung konnte mehr als 4 Jahre in Anspruch nehmen, die ihr zugewiesene Aufgabe zu erfüllen, durch Rechtsverordnungen die Lärmschutzbereiche im Bereich des Frankfurter Flughafens festzusetzen.
Adolf Herrleins Fazit lautet: „Mit der vom Verfassungsgericht dargelegten Fokussierung auf die äquivalenten Innendauerschallpegel bestätigt das Verfassungsgericht nunmehr das Sonderopfer der „Käfighaltung“ für hunderttausende Anlieger im Rhein-Main-Gebiet.“
„Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zeigt erneut, dass die Gesetzeslage in Deutschland von der Luftverkehrswirtschaft dominiert ist. Die Gesundheitsgefahren von Fluglärm und Schadstoffen finden noch immer keine Berücksichtigung. Die Hoffnung, dass das höchste Gericht neue Wege beschreiten und den Blick öffnen würde, hat sich mit der Rückweisung der Beschwerde als falsch erwiesen. Es zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, den Protest fortzusetzen und auch zu intensivieren sowie politisch aktiv zu bleiben, um entsprechende Veränderungen herbeizuführen. Für uns ist es aber nicht das Ende der Fahnenstange, sondern wir gehen diesen Weg konsequent weiter und prüfen weitere Maßnahmen, insbesondere zur Durchsetzung gesetzlicher Regelungen der Lärmminderung sowie der Einführung einer gesetzlichen Nachtruhe von 22 bis 6 Uhr. Auch der Weg über die europäischen Gerichte ist eine Option, “ so Fechter abschließend.