Zweifel am Versprechen des Ministerpräsidenten

August 2005
Aussage:
Ursula Philipp-Gerlach, Anwältin für Verwaltungsrecht
Juristin hegt Argwohn gegen Nachtflugverbot
Infoabend der Bürgerinitiative Mainspitze gegen den Flughafenausbau (Bims)

Die Hessische Landesregierung hat den Entwurf zur Änderung des Landesentwicklungsplans fertiggestellt. Mit der Änderung soll der geplante Ausbau des Frankfurter Flughafens mit einer Nordwest-Landebahn und dem Terminal 3 als Ziel der Landesplanung rechtssicher festgeschrieben werden.

Beim Infoabend der Bürgerinitiative Mainspitze gegen den Flughafenausbau (Bims) in dieser Woche verdeutlichte Ursula Philipp-Gerlach, Fachanwältin für Verwaltungsrecht, welche Auswirkungen es hat, wenn der neue Landesentwicklungsplan in dieser Form verabschiedet wird. Hiermit werde der Bedarf und der Standort für eine neue Landebahn politisch festgelegt. Dabei seien nur die Umwelt- und Lärmauswirkungen der vom Flughafenbetreiber Fraport beantragten 660 000 Flugbewegungen geprüft worden, nicht dagegen die negativen Folgen, die eintreten könnten, wenn die Flugkapazität über die beantragte Zahl hinausgeht.

Juristin vermisst Abbildung der Flugrouten

Ein Problem: Die Landesregierung habe bisher keine realistische Abbildung der Flugrouten erstellt, sagte Philipp-Gerlach. Fraport habe aus verständlichen Gründen kein Interesse daran, die Routen der Öffentlichkeit preiszugeben, erklärte sie. Es sei möglich, dass ganze Orte über das wirkliche Lärmaufkommen getäuscht würden, da die Flugroutenpläne jederzeit geändert werden können.

Auch das versprochene Nachtflugverbot, das anders als der Ausbau nicht im neuen Landesentwicklungsplan festgeschrieben ist, habe seine Haken. Erstens soll die flugfreie Nacht nur sechs Stunden dauern, und zweitens seien schon jetzt so viele Ausnahmen beantragt worden, dass nicht einschätzbar sei, ob den Bewohnern des Rhein-Main-Gebiets überhaupt noch eine Zeit zum Schlafen bleibe.

Zweifel an Versprechen

des Ministerpräsidenten

„Wir haben ein politisches Versprechen, ob es umgesetzt wird, steht in den Sternen“, zweifelt die Fachanwältin die Willensbekundungen des hessischen Ministerpräsidenten an. Wenn das Nachtflugverbot rechtlich nicht durchsetzbar sei, dann solle man auch vom Ausbau des Frankfurter Flughafens Abstand nehmen, lautet der Umkehrschluss von Philipp-Gerlach.

Ein Novum: Nach der neuen EU-Öffentlichkeitsrichtlinie ist für den Landesentwicklungsplan eine Beteiligung der Öffentlichkeit vorgeschrieben. Der Entwurf liegt deshalb gegenwärtig in allen hessischen Kommunen zur Einsicht aus. Die Bewohner der Mainspitzgemeinden können die Unterlagen in den jeweiligen Umweltbüros einsehen.

Jeder Bürger kann sich noch bis zum 26. September schriftlich beim Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung in Wiesbaden gegen den Landesentwicklungsplan aussprechen. Unterschriftenlisten liegen auch bei den örtlichen Bürgerinitiativen bereit. Ein so genannter Online-Einspruch ist über die Internetseite www.profutura.net möglich. Die Öffentlichkeit sei von der Landesregierung in keiner Weise über diese Möglichkeit der Einflussnahme informiert worden, empörte sich die Fachjuristin.

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