Sternmarsch – Rede von Wolfgang Heubner

wolfgang-heubner21. Oktober 2016: 5. Jahre Landebahn Nord West
Liebe Freunde und Mitstreiter,
zunächst etwas ganz aktuelles was heute Morgen in der FAZ unter dem Titel „Die Wirtschaft lobt die vierte Bahn „ zu lesen war. Der Hauptgeschäftsführer der IHK Matthias Gräßle behauptet das der Flughafen Jobmotor Nr. 1 für die gesamte Region Frankfurt Rhein Main sei und dass zwischen 2010 und 2015 in der Region entstandenen knapp 200.00 o sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnissen ein Großteil dem Flughafen geschuldet sei.

Und versucht dies mit der Nutzung des Flughafens durch die Unternehmen der Region. Dabei erklärt er nicht vorher er diese Zahlen nimmt. Wenn er sich mal die Mühe gemacht hätte die ÄRAPORT Zahlen selbst zu betrachten und nicht das weitergibt was FRAPORT suggeriert, dann wüsste er, dass die Anzahl der Lokalpassgiere, ohne Transitpassgiere seit Jahren bereits bei 25 Mio. stagniert. Lediglich die Transitpassagiere die im Flughafen verbleiben und von dort weiterfliegen von 29 Mio. auf 36 Mio. gestiegen sind. Diese Passagiere nützen nur vermeintlich FRAPORT und nicht der Region. Der Flughafen konnte also bereits mit 3 Bahnen die Bedürfnisse der Region voll erfüllen.
Auch dem Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände, Herrn Volker Fasbender rate ich dringend, sich nicht auf die FRAPORT Zahlen zu verlassen, denn er spricht davon, dass die Unpünktlichkeit und die vielen Warteschleifen weg sind. Hier kann ich nur sagen falsch. 2009, also mit 3 Bahnen, hatte FRAPORT eine Pünktlichkeit von 79,9%, in den ersten 9 Monaten von 2016 waren es 76,9% also 3% weniger.
Aber kommen wir jetzt zu meinem eigentlichen Vortrag.
Im „Planfeststellungsbeschluss betreffend Ausbau des Flughafens Frankfurt/Main“ vom 23.März 1971 steht auf Seite 755 wörtlich:
„Die Befürchtungen, dass später eine weitere Start- oder Landebahn – etwa parallel zur Bahn 18-West – errichtet werden könnte, entbehren jeder Grundlage. Die Genehmigung einer solchen Maßnahme wird auf keinen Fall erteilt.“
1981 tätigte unserer damaliger hessischer Ministerpräsidenten Holger Börner einen Satz: „Nach dem Bau der Startbahn wird kein Baum mehr für den Flughafen fallen.“       Und?      Wieviel tausende von Bäumen des eigentlichen Bannwaldes sind seit dem schon gerodet worden?
Zum Planfeststellungsbeschluss vom 18. Dezember 20ß7 zum weiteren Ausbau des Frankfurter Flughafens tönte FRAPORT dabei großspurig, dass mit der Erweiterung des Flughafens 100.000 neue Arbeitsplätze entstehen werden. Und?        Wie viele Arbeitsplätze sind wirklich entstanden?        Hier weiß ich, dass so gut wie kein einziger Arbeitsplatz um den Flughafen herum neu entstanden ist, sondern diese angeblichen zusätzlichen Arbeitsplätze, in erster Linie nur in die Flughafennähe verlagert worden und an anderen Orten weggefallen sind. FRAPORT selbst, hat auch keine Arbeitsplätze aufgebaut. Alleine in den ersten 6 Monaten diesen Jahres ist die Anzahl der durchschnittlich Beschäftigten gegenüber 2015 um ca. 400 Arbeitsplätze gesunken.
Ich kann nur sagen, dass über kaum ein anderes Großprojekt im Rhein-Main-Gebiet, wie über den Flughafen so viel gelogen und mit falschen Prognosen und Wahrheiten versucht wurde, den der Region und allen seinen Anwohnern Sand in die Augen zu streuen. Aber solche markigen Worte und geschönten Aussagen kennen wir ja leider von der Politik, von FRAPORT und auch von anderen Unternehmen nur zu genüge. Im Zweifelsfall kommt dann als nächstes der von Adenauer geprägte Spruch „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern.“ und damit sollen sich die Bürger zufrieden geben?
Hier sage ich nur, Nein, Nein und nochmals Nein. Wir geben uns damit nicht zufrieden.
Dabei geht der Protest über den heute schon längst raumunverträglichen Flughafen, mittlerweile über 5 Jahrzehnte. Aber kommen wir nochmals zurück auf den 21.Oktober 2011
Am 21. Oktober 2011 hat, durch die Eröffnung der Nordwest Landebahn, das Leben in den Gemeinden östlich und westlich der Landebahn, massiv an Lebensqualität verloren. Für Frankfurt sind davon insbesondere alle südlichen Stadtteile betroffen. Dies führt dazu, dass die Anwohner morgens früh um 5:00h, also eigentlich noch zur nachtschlafenden Zeit, mit Fluglärm von teilweise weit über 80 dB(A) aus dem Schlaf gerissen werden. Somit ist dann die Nacht vorbei. Es endet zum Teil nach 23:00Uhr. Dadurch bleibt den gesundheitsgeschädigten Anwohnern häufig nur noch 5 Stunden Nachtruhe. Ein untragbarer Zustand!
Aber gerade aktuell kommt es ja noch schlimmer. FRAPORT hat jetzt schon riesige Auslastungsprobleme. Wir haben heute in 2016 mit 4 Start- und Landebahnen gegenüber 2007 mit 3 Start und Landebahnen über 30.000 Flugbewegungen p.a. weniger. Und dies wird noch weiter abwärts gehen. FRAPORT begründet die Notwendigkeit der Nord-West Landebahn mit der gestiegenen Pünktlichkeit. Was für ein Hohn, die kennen noch nicht mal Ihre eigenen Zahlen. 2009 lag die Pünktlichkeit bei 79,9% in den ersten 9 Monaten 2016 lag die Pünktlichkeit bei 76,9%.also 3% weniger Pünktlichkeit
Die ca. 1,6, Mrd. Euro für die Landebahn Nord West sind betriebswirtschaftlich bereits heute schon ein einziger Flop. Aber FRAPORT kann dies ja nicht zu geben, denn das wäre ja ein Eingeständnis Ihrer Fehlprognosen und Ihres Missmanagements.
Für das zu bauende Terminal 3 hat FRAPORT bisher auch noch keine Auslastung und versucht deshalb mit Billigfluggesellschaften anzubandeln Dies führt unweigerlich zu einem Verfall der Flughafenentgelte. An der zukünftigen Wirtschaftlichkeit des Flughafens steht somit ein großes Fragezeichen.
Schon heute reichen die veranschlagten 3 Mrd. Euro für den Bau von Terminal 3 nicht aus und der Fertigstellungstermin wurde von zunächst von 2017 über 2020, 2021, 2022, auf heute 2023 verlegt.
Dieses Hinausschieben wird mit einer notwendigen intensiveren Planung begründet. Dabei weiß man bei FRAPORT bisher nicht, was man heute schon mit dem Terminal anfangen soll, deshalb schiebt FRAPORT den Fertigstellungstermin mit vielen fadenscheinigen Gründen nach hinten. Dabei wissen wir ja von vielen anderen Projekten, dass jede Verschiebung sehr viel zusätzliches Geld kostet. Hier kann ich nur sagen Berlin lässt grüßen.
Dies alles ist geprägt von Managern und Politikern, denen ein quantitatives Wachstum das einzige Credo ist. Für sie zählt nur dieser vermeintlich wichtige wirtschaftliche Faktor.
Das damit die Qualität leidet, ist klar. Auch werden die sonstigen Faktoren wie Nachhaltigkeit, wenn möglich geringe Umweltbelastung, Gesundheit der betroffenen Anwohner, ein Leben in einer lebenswerten Region und vieles anderes mehr, bewusst unter den Tisch gekehrt.
Hier möchte ich auch den Verantwortlichen von FRAPORT vehement wiedersprechen, die meinen, dass ihr Einsatz im Unternehmen nur auf Profit auszurichten sei. Dieses Ziel ist viel zu kurz gesprungen, denn FRAPORT ist nicht alleine auf der Welt. Ein Unternehmen hat langfristig nur dann Erfolg, wenn es nachhaltig und wenn es im Einklang mit der Region und deren Bewohnern agiert und auf „Qualitatives Wachstum“ setzt.
FRAPORT und die Politik haben hier sich völlig verrechnet, denn es fehlt an jeder der Nachhaltigkeit und dem wichtigen Einklang mit der Region. Unsere Montagsdemos, unsere Mahnwachen und die vielen weiteren Veranstaltungen sprechen für sich und treffen auf blanke Nerven. Deshalb werden wir weiter unseren Druck aufrechterhalten.
Für mich gibt es hier jedoch eine ganz wichtige und entscheidende Frage.
Welchen Flughafen braucht bzw. verkraftet die Rhein-Main-Region?
Das ist einfach gesagt:
Wir brauchen einen für das Rhein-Main-Gebiet passenden Flughafen!
Aber was heißt das denn:
wir brauchen einen Flughafen
– der die Bedürfnisse der Region im öffentlichen Interesse befriedigen kann
– der auf seine Umgebung und deren Anwohner Rücksicht nimmt
– der die Belastungen der Anwohner auf ein Minimum reduziert
– der Wert auf Güte und Qualität insbesondere im Service legt
– der nicht geprägt ist auf größer, höher, weiter
– der seine Mitarbeiter wertschätzt und somit auch Wert auf leistungsgerechte Bezahlung legt
– der Wert auf qualitativ gut ausgebildete Mitarbeiter legt
– der auf Leiharbeit nur bei wirklichen Arbeitsspitzen zurückgreift
– der nicht geprägt ist, vom stetigem Beschönigen der Verkehrsentwicklung und der nicht mit falschen und ev. auch bewusst falschen Prognosen arbeitet
– der nicht auf Billigflieger setzt, um den Flughafen auszulasten und der Region damit schadet
– der sich verpflichtet den Verkehr auch unter Einbeziehung anderer Verkehrswege umweltverträglicher macht
– der alles daran setzt, ein wirklich guter Nachbar zu werden.
Dies ist kein einfacher Weg. Dieser Weg bedarf immer wieder einer großen Portion Überzeugungskraft und er ist auch nicht morgen schon zu erreichen. Aber man/wir müssen ihn wollen!!
Lasst uns also weiter kämpfen, bis die Betonköpfe von FRAPORT und der Politik endlich kapieren, dass Ihr Weg der falsche ist.
Danke.

Ein Gedanke zu „Sternmarsch – Rede von Wolfgang Heubner

  1. Es ist richtig die Zahlen mal zu konkretisieren, dann fällt sehr schnell auf, dass es Worthülsen sind. Richtig ist, dass es Mio. Menschen in unserer „Höher schneller weiter Welt“ krank macht. Dieser Wahnsinn muss endlich gestoppt werden! Lärmumverteilung ist keine Lösung, sondern Lärmvermeidung ist das Thema, und das geht! Der Zusammenschluss der betroffenen Gemeinden ist die Lösung, d.h. eine starke Gemeinschaft zu bilden und nicht sich von der Lobbyisten dividieren und schwächen zu lassen. Chapeau und herzlichen Dank für ihr mutiges Eintreten für uns alle.

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