Rasenmähen ohne Rasen

Rasenmähen ohne Rasen; die Voraussetzungen für die Landebahn Nordwest sind entfallen, ein Beitrag von Karl Fechter

Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,

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p style=“padding-left: 30px;“>bevor zu den zahlenmäßigen Fakten komme, möchte ich meinen Ärger durch eine kleine Geschichte verdeutlichen.
Bitte stellen Sie sich vor, dass Ihr Nachbar jeden Morgen um 5 Uhr neben Ihrem Schlafzimmer seinen Motor-Rasenmäher anwerfen und bis nachts um 23 Uhr laufen lassen darf. Er hat dazu die Erlaubnis der zuständigen Behörde erwirkt, weil sein Rasenmähen im öffentlichen Interesse sei. Nach drei Jahren stellen Sie fest, dass er überhaupt keinen Rasen neben Ihrem Haus besitzt. Zur Rede gestellt, erklärt er, dass seine persönliche Lage es ihm auch in den nächsten 6 Jahren unmöglich macht, einen Rasen anzulegen. Allerdings besteht er darauf, auch weiterhin jeden Morgen um fünf Uhr den Motor-Rasenmäher anzuwerfen und bis 23 Uhr laufen zu lassen, weil ihm das zusagt.

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p style=“padding-left: 30px;“>Wie würden Sie sich fühlen?
Die nächsten Abschnitte zeigen, dass Fraport mit seiner neuen Landebahn ein solcher Nachbar geworden ist. Die Flugbewegungen seit der Eröffnung der Bahn sind nicht nur von Jahr zu Jahr weniger geworden, Fraport hat durch eigene Gutachten gezeigt, dass in den nächsten sechs Jahren weniger Flugbewegungen zu erwarten sind als bei einem Verzicht auf die neue Landebahn. Trotzdem wird sie weiter betrieben, nur weil es Fraport zusagt.

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p style=“padding-left: 30px;“>Fraport beerdigt seine Zielvorstellung für das Jahr 2020
Im September 2014 wurden von Fraport u.a. neue Planungen für die Steigerung der Flugbewegungen in den nächsten Jahren präsentiert. Nicht nur die Bürgerinitiative Sachsenhausen hat in den letzten Jahren auf den Widerspruch zwischen den Planungen der Fraport im Planfeststellungsbeschluss und der Realität hingewiesen. Insbesondere war dies bei der geplanten Anzahl Flugbewegungen, die ja zu neuen Anflugrouten und extremen Lärmbelästigungen geführt hat. Für Fraport waren diese Diskrepanzen kein Grund, am bestehenden System etwas ändern, da Zielvorstellung von 700100 Flugbewegungen für das Jahr 2020 unzweifelhaft erreichbar sei.

Es ist das erste Mal, dass Fraport offiziell die Zielvorstellung des Ausbaus für den Planungszeitraum vom 2005 bis 2020 beerdigt. Durch den Pulverdampf bei den Auseinandersetzungen um das Terminal 3 ist dies kaum noch sichtbar.

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p style=“padding-left: 30px;“>Der Ausbau ist rechtswidrig
In den Jahren 2015-2020 rechnet Fraport danach mit weniger Flugbewegungen als bei einem Verzicht auf den Ausbau erwartet wurden. Damit sind der Ausbau und damit auch der Betrieb der Landebahn Nordwest bis zum Jahre 2020 rechtswidrig.

Ich möchte an das Urteil zur Südumfliegung des 9. Senats des VGH Kassel erinnern, nachdem ein Flugverfahren und damit die Belastung der Anrainer nur dann rechtmäßig ist, wenn die durch den Planfeststellungsbeschluss genehmigte Kapazität von Anfang an erreicht werden kann. Gegen dieses Urteil wurde zwar im Dezember 2014 die Revision vom Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zugelassen, trotzdem hat es hat es eine Signalwirkung gehabt.

Hier ging es nur um ein Flugverfahren. Wieviel schwerwiegender ist es, wenn das Ziel des Planfeststellungsbeschlusses, die Flugbewegungen auf mindestens 701000 Flugbewegungen zu erhöhen, jetzt mitten im Verlauf des Projektes fallen gelassen wird! Damit ist jede Rechtfertigung für die Belastung der Bevölkerung durch den Ausbau entfallen.

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p style=“padding-left: 30px;“>Es kommt aber noch schlimmer: der Ausbau war von Anfang an unnötig
Nach dem Eingeständnis von Fraport hätte man aus heutiger Sicht auf die neue Landebahn verzichten können. Das ist einigermaßen überraschend, aber begründbar:

Für die Genehmigung des Ausbaus 2007 wurde von Fraport eine Prognose für die Entwicklung der Flugbewegungen vorgelegt. Diese sah eine Steigerung von 490000 im Jahre 2005 auf 701000 Flugbewegungen im Jahre 2020 vor. Der Ausbau wurde genehmigt und das Ausbauziel mit einer Zahl von 701000 Flugbewegungen für das Jahr 2020 damit festgeschrieben. Eine neue Landebahn wurde gebaut. Nachdem die Bahn im Jahre 2011 in Betrieb ging, gab es immer weniger Flugbewegungen und die Zahl von 490000 des Jahres 2005 wurde nie mehr erreicht.

Vielleicht ist in Vergessenheit geraten, dass Fraport 2007 auch eine Planung für die Entwicklung von Flugbewegungen bei einem Verzicht auf einen Ausbau vorgelegt hat (Planfeststellungsbeschluss Ausbau Flughafen Frankfurt (Teil C Entscheidungsgründe III, Seite 495). Diese Planung sah bei einem Verzicht auf den Ausbau einen geringen Zuwachs auf 520000 Flugbewegungen im Jahre 2020 durch allgemeine technische Verbesserungen vor. Selbst diese geringen Steigerungen (es hätten danach 2014 schon etwa 508000 erreicht werden müssen) wurden nicht realisiert.

Wenn dies zwischen 2012 und 2014 in Leserbriefen oder gegenüber Ausbaubefürwortern geäußert wurde, kam sofort das Argument, es handle sich um eine kleine Delle (sie wissen ja: die Krise, die Krise) und die 701000 Flugbewegungen seien nicht gefährdet. Dass so argumentiert wurde ist verständlich, denn die 701000 Flugbewegungen im Jahre 2020 waren ja die Basis für den Bau einer zusätzlichen Landebahn.

Fraport hat im letzten Jahr neue Kapazitätsgutachten vorgelegt. Der Prognosezeitraum startet mit den bekannten Zahlen von 473000 Flugbewegungen für 2013 und geht bis zum Jahr 2020. Das erste Prognosejahr ist 2014. Für 2020 plante Fraport je nach Gutachten 526000-529000 Flugbewegungen.

Da die Gutachter sich schon um ersten Jahr (!) um 10000 Flugbewegungen verschätzt haben, muss man mit der realisierten Zahl von 469 000 ab 2014 starten und kommt bei dem angenommen Wachstum von 1,6% pro Jahr auf 516864, damit weniger als 520000 Flugbewegungen für das Jahr 2020, also weniger als bei einem Verzicht auf den Ausbau des Flughafens von Fraport selbst angegeben wurde.

Trotzdem versucht Fraport dies zu ignorieren und zur Tagesordnung überzugehen.

Daher sind jetzt die Anteilseigner aus der Politik gefordert: Schluss mit den sinnlosen Belastungen, für die keine Rechtfertigung mehr existiert. Schluss mit dem hier praktiziertem Zynismus den Betroffenen gegenüber, zurück zur Glaubwürdigkeit, zu dem Versprechen, das kein weiterer Ausbau des Flughafens jemals genehmigt werden wird. Die jetzt Regierenden sind Mehrheitsaktionäre und haben Handlungsbedarf.

Mit freundlichen Grüßen

Karl Fechter


Anhang:
Für die Überprüfung der angegebenen Zahlen habe ich die Tabelle aus dem Planfeststellungsbeschluss mit Kommentar beigefügt.

pfv charlyb

Der Prognosenullfall (Verzicht auf einen Ausbau) in obiger Tabelle beinhaltet eine Zunahme der Flugbewegungen von 490000 im Jahre 2005 auf 520000 und der Passagierzahlen von 52 Millionen im Jahre 2005 auf 64 Millionen im Jahre 2020.

Also eine Steigerung der Flugbewegungen um 0,4 Prozent und eine Steigerung der Passagierzahlen um 1,4 Prozent pro Jahr. Die 58 Millionen Passagiere 2013 entsprechen ziemlich genau der Prognose ohne Ausbau, die Flugbewegungen liegen mit 473000 statt 505000 sogar deutlich darunter. Für 2014 sind die Flugbewegungen auf 469000 weiter gesunken. Die von Fraport permanent hochgelobten Passagierzahlen für 2014 entsprechen mit 59,6 Millionen in etwa denen bei einem Verzicht auf den Ausbau mit 59,2 Millionen.

Ein Gedanke zu „Rasenmähen ohne Rasen

  1. Klasse Recherche, Klasse Artikel, logische Schlussfolgerungen.
    Kann man das einer breiteren Öffentlichkeit und vor allen den Politikern der hessischen Landesregierung bekannt machen? Auch wenn die solche Wahrheiten bestimmt nicht mögen.

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